Ich staune Ich staune, daß die rote Farbe rot ist, Ich staune, daß die gelbe gelb erglimmt. Ich staune, daß, was ringsum lebt, nicht tot ist, Und daß, was tot ist, nicht ins Leben stimmt. Ich staune, daß der Tag alltäglich nachtet, Wenn ihm das Licht verwest zur Dämmerung. Ich staune, daß frühmorgens überfrachtet Von Sonnenglück, ein neuer kommt in Schwung. Ich staune, daß durch alle Lebenssprossen Das Männ- und Weibliche geschieden bleibt, Und diese Zwieheit, niemals ausgenossen, Als Wonne unsre Herzensfluten treibt. Mein Staunen ist kein Forschen nach dem Sinn. Mein Staunen ist des Sinnes selbst der Sinn. Nur durch Erstaunung werd ich meiner inne. Ich staune, daß ich staune, daß ich bin Quelle:"F.Werfel - Gedichte aus den Jahren 1908-1945"; Fischer Verlag 1993